Sonntag, 1. Januar 2012

Flugmodus

Ich realisiere, wie lange ich nicht hier gewesen bin. Eine abklingende Kehlkopfentzündung nehme ich zum Vorwand, mich sowohl Weihnachten als auch Neujahr auszuklinken. Meine Abwesenheit wird nicht wohlwollend aufgenommen, wie ich weiß. Aber es ist mir gleichgültig. Dort unter Menschen zu sein oder allein in meiner Wohnung stellt für mich keinen Unterscheid dar, und meine Energie reicht nicht aus, das Gegenteil vorzugeben. Wenn ich mich einsam fühle, ist es leichter, wenn ich auch allein bin.

Ich habe mich mich schon lange gehen und nicht mehr blicken lassen. Mein Instinkt sagt mir, dass ich bald fallen gelassen werde. Die Anzahl der Einladungen zu Parties und dergleichen, die ich erhalte, hat spürbar abgenommen. Aus einem der sozialen Kreise höre ich bereits überhaupt nichts mehr. ich weiß, dass ich besorgt sein und gegensteuern sollte, aber ich kann mich dazu nicht durchringen. Irgendwie glaube ich, dass es trotzdem in Ordnung kommen wird. Und wenn nicht, werde ich dann weitersehen.

Es war ein anstrengendes Jahr, in jeder Hinsicht. Aber kein schlechtes. Es gab Abschluss. Die Zeitlinie aus der ich vor siebeneinhalb Jahren ausgetreten bin, ist abgeschlossen, für mich beendet. Nicht einmal theoretisch wäre eine Rückkehr dahin möglich. Ich will es auch lange nicht mehr. Sicher, ich empfinde immer noch eine leise Trauer, aber das ist wahrscheinlich normal und wird wohl auch immer so bleiben.

Ich habe im letzten Jahr eine Chance vertan. Es passiert nicht oft, dass man einen Menschen trifft, der etwas in einem zu Klingen bringt. Eine Frau, die den gewissen Funken trägt. Unsere Momente waren flüchtig. Aber das Potential. Ich habe mich in ihren Armen für einen Augenblick aufgehoben gefühlt. Ich mochte wie sie roch und schmeckte. Manche Menschen haben das Potential, einen wegzufegen.

Sie war ehrlich mit mir. Bevor etwas passieren konnte. Ich erfuhr von ihr, dass sie verheiratet ist und außerdem noch jemand anderem nachtrauert. Es brauche Zeit, sagte sie, und sie wüsste wie unfair es mir gegenüber sei und sie wolle mir nicht wehtun.
"I'm well protected", hatte ich geantwortet, "the minute I feel it starts hurting, I'll walk away." Das war eine Lüge. Ich wartete viel länger.

Aber ich ging. Nicht, weil sie zu lange brauchte. Ich wusste, dass, wenn sie soweit war, ich es nach wie vor nicht sein würde. In ihrer Gegenwart zu sein machte mir klar, dass ich keine Verbindung finde. I can't connect. Nothing I have to give.
Wir sind befreundet, reden noch miteinander. Warum auch nicht. Zwischen uns ist nichts passiert, kein Sex, der eine Verbindung hätte schaffen oder vertiefen können. Ich weiß, dass sie das enttäuscht hat.

Sie weiß eine Menge über mich, wenn sie unsere Gespräche behalten hat. Stunden, die wir redend zugebracht haben. Heute sind sie kurz und oberflächlicher. Ich empfinde immer noch ein stilles Bedauern darüber und kann trotzdem nur mit den Schultern zucken. Auch das ist wieder ein halbes Jahr her.

Ich kehre von meinem Abendspaziergang zurück. Auf meinem iPhone ist noch immer das kleine Flugzeugsymbol aktiv.
Keine Verbindung. Off the grid.

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Ian Mcewan
Atonement

Sounds


Black Autumn
Rivers of Dead Leaves


Ohne wieder einmal verlegt zu werden, und soweit ohne größere Eruptionen, existiert der Äußere Himmel an diesem Ort für den bisher längsten zusammenhängenden Zeitraum. Dies ist seine Geschichte.

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