Dienstag, 20. Juli 2010

Routine

In der verwinkelten und treppsturzigen Eckkneipe, in die ich selten steige, flötet und fiedelt trad music hinauf ins Obergeschoss, wo ich mich mit meinem Bruder, dem Gevatter und Belcampo einem ausgedehnten Freitagsklönschnack hingebe.
Am Sonnabend geht es hinaus in die Landschaft, wo noch eine Kollegin wohnt, die ihren Ausstand feiert. Weltuntergangsbeleuchtung; unter schwarzen tiefhängenden Regenwolken, und am Horizont schrägen die Sonnenstrahlen wie Klingen hinunter und tauchen die grünen Hügel in gleißendes Licht. Wir legen Fleisch auf den Grill.
Am Sonntag dann geht es an die Küste hinaus, nach Südwesten, in die Gegend der Metzen Landspitze hin. Eine stille friedliche Bucht, ein geschütztes Felsnest, wo wir den Grill aufbauen und auch Lagerfeuer machen. Möwen stürzen pfeilschnell ins Wasser hinunter, auf den Graswänden hängen zu allen Seiten Schafe. Man frisst sich mit der Weite des Meeres und der Ruhe des Abends voll.

Vergangenes Wochenende ist ein einziger Schleier. Ich treffe mich am Freitag mit den Katzeneltern und der australischen Vielläuferin, später kommen mein Bruder und der Gevatter hinzu. Belcampo hat der Insel in der Woche endgültig den Rücken gekehrt.
Die vollen Gläser wachsen nach, und wir verlagern irgendwann. Szenenwechsel, Restetunnel. Der schwedische Rauschgoldengel erblickt uns und nach kurzem Abtauchen in der Menge steht sie goldlockig und strahlendblauäugig zwischen uns. Sie arbeitet in der gleichen Firma, man trifft sie immer wieder in den verschiedenen Kneipen der Stadt an. Die Szene verschwimmt, meine fellowship hat sich distanziert, ich habe das Gefühl, über dem Engelchen und mir hängt ein Spotlight. Sie sieht an mir herauf mit ihren großen Augen und drückt mir ihre Brust in die Jacke.
Für einen Moment falle ich in ihre Augen hinein und frage mich, wie das wäre, mich einfach hinunter zu beugen und sie zu küssen. Machen normale Menschen das nicht so? Der Moment vergeht, irgendein Intermezzo folgt und ich nutze die Gelegenheit für einen
lautlosen Rückzug aus der Szene. Schnitt.

Am Sonnabend höre ich mir Vorhaltungen an; wieso ist da nichts passiert, man habe uns extra allein gelassen, und dergleichen mehr; fein säuberlich verpackt in ironische Töne. Ich sehe mich außerstande, meinen totalen Mangel an Interesse in Worte zu kleiden und widme mich lieber der Zubereitung des großen Fressens. Es wird ein Erfolg, alle sind satt und glücklich.
Danach werden die Gläser gehoben, am Sonntagmorgen falle ich schließlich wie ein Stein in mein Bett.
Am Abend dann begehe ich einen schweren Fehler und sehe mir im Kino einen bestimmten Film an, und noch während er läuft, ist mir klar, dass das keine gute Idee war und ich spüre förmlich etwas in mir aufreißen.
Benommen treibe ich zurück nach Hause und bin am nächsten Tag erleichtert, dass die Routine mich wieder komplett vereinnnahmt.

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Ian Mcewan
Atonement

Sounds


Black Autumn
Rivers of Dead Leaves


Ohne wieder einmal verlegt zu werden, und soweit ohne größere Eruptionen, existiert der Äußere Himmel an diesem Ort für den bisher längsten zusammenhängenden Zeitraum. Dies ist seine Geschichte.

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Locus Solus
The Pacific
Unsaid
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